Rankende florale Formen und strenge geometrische Elemente, kontrastreiche Farben, klare und zugleich verspielte Typografie – das Grafikdesign des Art Déco vereint das scheinbar Gegensätzliche. Kunstvolle Plakate, Illustrationen und Anzeigen spiegeln die großen Themen dieser Zeit: Die neue Werbung für Haute Couture oder Jazz, Tanz und technische Errungenschaften wie moderne Sportwagen – nicht zuletzt auch für Kriegs- und Staatsanleihen – entführt in die Illusion einer besseren und schöneren Welt.
Nach dem Shutdown präsentiert das Käthe Kollwitz Museum Köln noch bis zum 16. Mai 2021 die überaus erfolgreich angelaufene Ausstellung mit mehr als 100 faszinierenden, zum Teil großformatigen Druckgrafiken aus der Sammlung des Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg und nimmt seine Besucher*innen mit auf eine Reise in das glanzvolle Paris vor 100 Jahren.
Bauhaus in Deutschland, de Stijl in den Niederlanden und russische Avantgarde – das Grafikdesign erlebt in den 1920er Jahren international eine Blüte. Auch in Frankreich: Was hier anknüpfend an den Jugendstil der Jahrhundertwende seinen Anfang nimmt und 1925 zur Pariser Weltausstellung der angewandten Künste eine Benennung findet, dokumentiert nichts weniger als den gesellschaftlichen Tanz auf dem Vulkan der Zwischenkriegszeit.
In kühn gezeichneten Visionen extravaganten Lebens zeigt Paris sich farbenfroh, progressiv und exaltiert. Die führenden Pariser Grafiker illustrieren das Lebensgefühl der ›Années folles‹, der ›verrückten Jahre‹, mit künstlerischen Experimenten, innovativen Techniken und spektakulären Bildfindungen.
Pochoirdruck für die Bilder der neuesten Pariser Mode
Eine Besonderheit ist das Pochoir – eine anspruchsvolle Drucktechnik mit Schablonen, häufig kombiniert mit Lithographie, Strichätzung und einem nicht geringen Anteil Handarbeit. Mit bloßem Auge sind die aufwendigen Drucke oft kaum von Aquarellen zu unterscheiden. Pochoir wird zum Inbegriff für das Genre der eleganten Mode-Illustration in Magazinen und Almanachen. Eine Reihe hervorragender Zeichner wie Paul Iribe (1883–1935), George Barbier (1882–1932) und André Édouard Marty (1882–1974) wählt dieses Verfahren als ihr Medium. In der Ausstellung wird die Technik anschaulich erläutert.
Aufsehen erregende Plakate für Oper und Revue
Zu den führenden Plakatmalern – Plakate werden in Öl oder Gouache an der Staffelei entworfen und dann traditionell lithographisch gedruckt – zählen A. M. Cassandre (1901–1968) und Paul Colin (1892–1985), jeder mit einem unverwechselbaren Stil. Während Cassandre vor allem im Bereich der Werbung für luxuriöse Produkte tätig ist, spezialisiert sich Colin auf die Theater- und Cabaret-Bühnen der Stadt. Er porträtiert die großen Sängerinnen und Schauspieler der Zeit.
Einer der Höhepunkte der Ausstellung ist Colins Mappenwerk über die »Revue Nègre«, die Tanzkompagnie von Josephine Baker (1906–1975), die mehrfach in Paris gastiert und für die Colin auch Bühnenbilder und Kostüme entwirft.